Much love: Persona 4

Jeder hat ein liebstes Videospiel. Dieses eine, perfekte Stück digitale Kunst, das man zu jeder Tages- und Nachtzeit spielen und immer wieder lieben kann. Selbst ich, als jemand, der bei der Frage nach Lieblings-egal was mindestens eine Top 5 braucht, habe einen Favoriten. Und dieser ist, wie der Titel des Posts euch wahrscheinlich schon verrät, Persona 4 für die Playstation 2. Was macht dieses Spiel so besonders für mich? Ich sag’s euch! Einfach alles.

Es war März 2009 als ich ziellos durch den Gamestop auf der Suche nach einem neuen Spiel wanderte. Mein Blick fiel auf ein farbenfrohes Cover in der PS2 Abteilung. Es war – Überraschung – Persona 4. Ich hatte zwei Jahre zuvor den 3. Teil der Serie gespielt und war derart begeistert von der Geschichte, der Musik, dem Gameplay und den Charakteren,  dass ich das Spiel in nur 2 Tagen durch hatte. Bis heute, 2014, habe ich, sowohl auf meiner Konsole als auch auf einem Emulator (um es immer dabei zu haben) ca. 500 Stunden mit dem Spiel verbracht. Ohne nachzudenken klatschte ich den Nachfolger auf den Verkaufsthresen. Und ich habe es bis heute nicht bereut.

persona 4 title screen

 

Als großer Fan des Vorgängers hatte ich hohe Erwartungen an den 4. Teil. In meinem Kopf war Persona 3 eine gute 1 – und es war schwer für mich, mir ein besseres Spiel auch nur vorzustellen. Ich hatte mich geirrt. Fast alles war an P4 noch ein wenig besser, ein wenig größer, ein wenig polierter. Das Spiel bekam eine größere Karte, mehr Personas, mehr Interaktionsmöglichkeiten mit anderen Charakteren und mehr Gameplayelemente. Am meisten freute es mich, dass man nun wählen konnte, ob man die Teamkameraden selber kontrolliert, oder ob man ihnen nur Befehle gibt, wie sie sich im Kampf benehmen sollen. Im 3. Teil hatte es mir oft die Beine gebrochen wenn der Heiler mir nicht sofort zur Hilfe gekommen ist – das war nun vorbei! Zudem verkürzte die Teleport-Funktion die Fortbewegungszeit und machte so das Reisen von A nach B blitzschnell.

Worum geht es? Eine Kleinstadt wird von Serienmorden heimgesucht. Die Opfer werden gekidnappt, erscheinen im mysteriösen „Midnight Channel“ im Fernsehen  und tauchen dann nach einem dicken Nebel an einem Sendemast aufgehängt wieder auf. Man spielt den namenlosen Hauptcharakter, der zu seinem Onkel zieht, während seine Eltern ein Jahr lang im Ausland arbeiten. Er besucht die Schule, findet Freunde und lebt ein typisches Schülerleben. Das klingt bisher doch ganz normal oder? Na dann passt mal auf – während er eines Abends den „Midnight Channel“ schaut, bemerkt er, dass er die Fähigkeit hat, in den Fernseher einzutauchen. Als seine Klassenkameraden, Yukiko plötzlich verschwindet, macht er sich mit zwei Freunden auf die Suche nach ihr und findet eine neue Welt auf der anderen Seite der Mattscheibe. Nach und nach erfährt die Gruppe, dass die gekidnappten Menschen in die Fernseherwelt geworfen werden und dort von ihren unterdrückten Gefühlen in Form von Albtraumwesen namens Shadows getötet werden. Es beginnt ein Rennen gegen die Zeit um die Gekidnappten zu retten und herauszufinden, wer oder was hinter der Fernsehwelt steckt.

Ich gebe zu, die Geschichte klingt etwas wirr – das liegt daran, dass es unmöglich ist, alles zu erklären, was vor sich geht und unter 2 DinA 4 Seiten zu bleiben! So viel sage ich aber: die Geschichte ist komplex, gut durchdacht und fokussiert sich stark auf character development und die Beziehungen von Menschen zueinander. Auf der Suche nach Antworten erfahren die Charaktere mehr über sich, als sie vielleicht wollten.

persona 4 screenshot 1

Das Herz des Spiels sind seine Charaktere und wie viel Bedeutung selbst denen zugeschrieben wird, die den Spielausgang nicht beeinflussen. Genau wie im Vorgänger gilt es, Beziehungen zu seinen Klassenkameraden, Arbeitskollegen, Teamkameraden und der Familie aufzubauen. Jeder Charakter bietet eine liebevoll geschneiderte Hintergrundgeschichte mit unterhaltsamen Konversationen und ganz, ganz viel Seele. Mir persönlich sind insbesondere die Gespräche mit Onkel Dojima und Cousine Nanako im Kopf geblieben – die traurige Geschichte eines einsamen kleinen Mädchens, das einfach nur ihren Vater braucht und des Vaters, der verzweifelt nach dem Mörder seiner Frau sucht, bricht mir auch nach zahlreichen Spieldurchgängen noch das Herz.

Neben wundervollen Geschichten bieten die sogenannten Social Links Erfahrungspunkte für die Personas, mit denen man kämpft. Die titelgebenden Personas sind das bedeutendste Gameplayelement. Die Protagonisten beschwören die Monster herauf, um mit ihnen zusammen die Horden an Shadows zu bekämpfen und ihre Freunde zu retten. Personas sind die Manifestation des Charakters des Kämpfers. Nur wer sich seiner eigenen Schwächen und Stärken bewusst ist und sich selbst akzeptiert, bekommt die Fähigkeit, ein Persona zu beschwören. Deswegen muss sich jeder Protagonist (außer der namenlose Spielercharakter)  seinen dunkelsten Gedanken und größten Ängsten stellen, um diese Fähigkeit zu erhalten.

Während Spiele aus dem Jahr 2012 heute schon alt aussehen, ist Persona 4 auch nach 5 Jahren noch ein optisch extrem ansprechendes Spiel. Die Zwischensequenzen sind in einem liebevollen, düsteren und detailreichen Animestil gezeichnet. Das interessante, vielseitige Dungeon-Design und die hervorragende, atmosphärische Musik runden das Spiel zu einem kleinen Edelstein ab.

Persona 4 ist ein liebevoll kreiertes Meisterwerk. Insbesondere in den Gesprächssequenzen mit anderen Charakteren merkt man, wie viel Liebe die Macher in dieses Projekt gesteckt haben. Wollt ihr wissen wie viel Spaß dieses Spiel macht? Ich spiele es, während ich das hier tippe!  Zögert nicht länger – Persona 4 ist für unter 30 EUR auf Amazon erhältlich. Ihr werdet es nicht bereuen.

 

Wo endet Humor?

Meine Mutter sagt gerne und oft, ich hätte einen „trockenen“ Humor. Ich möchte natürlich denken, dass sie damit meint, es würde kein Auge trocken bleiben wenn ich einen Witz erzähle, aber ich kenne sowohl sie als auch mich selbst zu gut. Hier ist nämlich die kniffelige Sache an Humor: zwei verschiedene Menschen werden selten das exakt selbe lustig finden und es gibt tatsächlich sogar Menschen, die selbst zugeben, dass sie keinen Humor haben. Der selbe Scherz wird das eine Publikum zum Ausrasten bringen, während das nächste Publikum einen vielleicht mit faulen Tomaten bewirft. So oder so ähnlich.

Und weil jeder etwas anderes lustig findet und wir alle irgendwie Individuen sind, stellt sich oftmals die Frage, was man als Humor bezeichnen kann und was nicht. Wir leben in einer Zeit, in der sich alte Vorurteile gegenüber Minderheiten (seien es nun Immigranten, Frauen oder Homosexuelle) langsam aufzulösen scheinen und immer mehr Menschen Witze auf deren Kosten zu unterbinden versuchen.

Ich habe mich vor einiger Zeit bereits in „Wie viel bedeuten Worte?“ mit schwulen- und behinderten-feindlichen Beschimpfungen auseinandergesetzt. Hier möchte ich gerne etwas erweitern. Ich empfinde jede Beschimpfung aufgrund von (insbesondere unveränderlichen) Merkmalen an einem Menschen als absolut inakzeptabel. Ob es nun um Geschlecht, Sexualität, Hautfarbe, Nationalität oder körperliche Fähigkeiten oder Unfähigkeiten geht – nichts davon sollte als Beschimpfung durchgehen. Es ist nichts beleidigendes als ein „Mädchen“ bezeichnet zu werden, es sind nicht alle Immigranten kriminelle, wer neben einem Polen wohnt, muss keine Angst um sein Auto haben und ein Mädchen mit Kurzhaarschnitt ist keine „Kampflesbe“. Worte haben eine große Bedeutung und können verletzender sein als Schwerter. Und nur weil man etwas im Scherz sagt, bedeutet das nicht, dass es nicht verletzend oder sogar irgendwie irgendwo unterbewusst sogar ernst gemeint ist.

Onision-Depression YouTube Komm

Jeder Witz hat einen Ursprung. Und meist ist dieser Ursprung, je nach Opfer, rassistisch, sexistisch oder homophob geprägt. Wieso bezeichnet man zum Beispiel einen schwachen Jungen als Mädchen? Klar – Sexisten propagieren noch heute, Mädchen seien grundsätzlich schwächer und fragiler als Jungs. Kompletter Unsinn, wenn man betrachtet dass kein Mensch dem nächsten gleicht, aber hey – Sexismus hat noch nie auf Logik basiert. Das bedeutet dass ich es natürlich nicht witzig finde, wenn man mir einredet ich könne etwas schlechter oder nicht aufgrund der Genitalien mit denen ich geboren wurde. Dass es „doch nur ein Witz war“ und dass ich „mal chillen soll“ macht es auch nicht besser. Was ist schlimmer als ein unsensibler Witz? Eingeredet zu bekommen, dass man übertreibt und nicht das Recht hat, sich zu beschweren. Es war doch nur ein Witz. Sind die Gefühle des „Angegriffenen“ weniger wichtig als eine gute Pointe?

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Uhohbro ist auf YouTube ein in vielerlei Hinsicht kontroverser Channel. Greg oder auch Onision, der Betreiber des Channels, ist der festen Überzeugung, dass im Kontext von Comedy alles erlaubt ist. Er sagt: „Offensive jokes make up a good bit of my channel…comedy in general. Comedy is comedy, not meant to hurt, just laugh at.“ Er nennt neben zahlreichen anderen Comedians auch Family Guy-Macher Seth McFarlane als Einfluss. Die Serie hat gute Einschaltquoten und schreckt auch nicht vor sensiblen Themen wie zum Beispiel Pädophilie, dem Holocaust oder Vergewaltigung zurück, um ihre Zuschauer schockierend zu amüsieren. Gregs Uhohbro-Channel ist mit mehr als 830.000 Abonnenten zwar kein Vergleich zu YouTube-König Pewdiepie, hat aber dennoch eine ziemlich große Reichweite. Greg erklärt, dass man Witze auf die leichte Schulter nehmen soll, weil sie nicht mehr sind als das – nur Witze.

Ist es wirklich so einfach? Ist ein Witz tatsächlich nur ein Witz und darf so schmutzig, unsensibel und unpassend sein, wie er will, da es ja nicht ernst gemeint ist? Ich denke nicht. Es kommt, wie immer, auf das Publikum an. Wer in einem Raum voller heterosexueller Männer einen Frauenwitz erzählt, wird wohl bessere Reaktionen bekommen, als wenn er das selbe vor einer Gruppe Frauen macht. Was mich am meisten an dieser „nimm’s locker“-Einstellung stört, ist dass Menschen, die etwas gegen offensichtlich verletzende und unangebrachte Witze sagen, als Spielverderber bezeichnet werden. Ich empfinde es als beleidigend gesagt zu bekommen, ich solle mich beruhigen und „es einfach zulassen“, wenn Bekannte homophobe oder sexistische Witze machen. Was ist denn mit den Beistehenden? Dürfen die sich nicht beschweren, wenn ein blöder Witz sie verletzt hat? Es sieht so aus als wäre ein Witz für viele Menschen nur die Absolution, so gemein und diskriminierend sein zu dürfen, wie sie wollen.

Wenn man nun sagt: nein, es ist nicht in Ordnung, alles zu sagen, was man will und es als Witz zu kaschieren! Glückwunsch, du hast eine Seele. Wie soll man aber als Witz getarnte Diskrimination stoppen? Hier ist das große Problem – dafür gibt es leider keine wahre Lösung, ähnlich wie es für Sexismus, Rassismus und Homophobie keine einfache Lösung gibt. Man könnte versuchen, diskriminierendes Material wie Family Guy zu zensieren, aber macht es das nicht umso schlimmer? Menschen sollte nicht verboten werden, etwas Negatives zu konsumieren, stattdessen sollte man sie darüber informieren, wieso es negativ ist und derartiges Verhalten bestrafen. Also lacht nicht, wenn euer Kollege euch einen rassistischen Witz erzählt. Gebt der Person an der Bushaltestelle kein High Five dafür, dass er einen 13-jährigen Jungen eine „Schwuchtel“ nennt. Gratuliert nicht den Typen an der Bar, die vorbeiziehende Mädchen von 1-10 bewerten. Seid nicht diese Leute. Ihr seid so viel besser.

 

Das Leid des Bücherwurms

Ich war 12 Jahre alt, als ich zum ersten Mal realisierte, dass ich vielleicht ein Sonderling bin. Ich saß in meiner typischen Tetris-L Form (Beine ausgestreckt und gerader Rücken) eingeklemmt zwischen zwei Schließfachreihen. Es hatte soeben zur großen Pause geklingelt und ich jonglierte wenig geschickt eine Käsenlaugenstange in der einen, und ein Buch in der anderen Hand. Ich hatte das Buch erst gestern Abend in der extensiven Bücherei meiner Mutter entdeckt und konnte es kaum erwarten, herauszufinden, worum es ging. Das Cover schmückte eine Möwe im freien Flug in einem azurblauen Himmel. Ich war ein simples Kind und alleine schon der Fakt, dass es in der Geschichte um eine Möwe ging, ein Lebewesen, das ich nicht unbedingt als einen idealen Protagonisten für tiefgreifende Thematiken hielt, machte mich neugierig. Um mich herum füllten sich langsam die Gänge mit lärmenden und tobenden Schülern aller Klassenstufen.

Ich hatte mir extra einen stillen, dunklen Fleck gewählt, um nicht gestört zu werden aber natürlich standen nach nur wenigen Minuten drei Klassenkameraden vor mir, die mich entsetzt betrachteten. Ich berührte nervös mein Gesicht da ich ihre Blicke als Ekel interpretierte. Hatte ich mein Gesicht verschmiert? Ich tastete fix meine Nase, Stirn und meinen Mund ab. Nein…alles schien ok. Wieso starrten sie also so? Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten. „Schaut mal, sie liest ein Buch!“, feixte die erste. Die Mädchen murmelten etwas unkenntliches vor sich hin. „Äh ja.“, stammelte ich und fixierte mein Buch in der Hoffnung, sie würden mich nach dieser Feststellung einfach in Ruhe lassen. Aber dieser Artikel wäre ja völlig ohne Sinn, wenn das tatsächlich passiert wäre. Stattdessen fragte die Zweite: „Was liest du?“ Ich antwortete nicht und hob ihr stattdessen das Cover vor die Nase. „Die kleine Möwe Jonathan…“, las sie vor. Ein Vierter gesellte sich zu der neugierigen Truppe und brach sobald er mich sah in Lachen aus. „Typisch! Sie kann nur lesen!“ Die anderen drei stimmten in das Lachen mit ein. „Hast du nichts besseres zu tun?“ „Dir fallen ja bald die Augen aus!“ Sie verließen mich mit einem wissenden Kopfschütteln und ich beschloss, ab jetzt mit dicken Stereokopfhörern zu lesen. Wenn das nicht die Nachricht sendet, dass ich allein gelassen werden will, dann weiß ich auch nicht.

Der Sinn dieser Anekdote war, dass ich mir seitdem folgende Frage stellte: wieso hielten mich meine Klassenkameraden für sonderbar, weil ich in der Pause lieber las, als mit anderen Menschen zu sprechen? Ignorieren wir mal meine vielmals erläuterte Misanthropie; ich empfand Lesen schlichtweg als unterhaltsam. Ich bin in einem Haus voller Bücher und mit einer Mutter aufgewachsen, die mir jeden Abend vorgelesen hat, lange bevor ich selbst lesen konnte. Lesen war in unserem Haushalt immer ein Hobby, ähnlich wie es bei anderen Familien Wandern oder Fußball gucken war. Ich empfand es also als nichts seltsames, Stunden mit einem Buch zu verbringen. Diese Begegnung war das erste Mal, das ich zu überlegen begann, ob es nicht doch etwas Sonderbares war. Hätte ich als Kind nicht mehr Freude am Klettern und Spielen haben sollen?

Im Unterricht wurde meine Befürchtung, dass Spaß am Lesen etwas Absurdes ist, noch bestärkt. Wir fingen alsbald damit an, im Deutsch- und Englischunterricht Lektüren zu lesen. Ich liebte die dünnen, geschickten Reclam-Heftchen, denn sie passten problemlos in meine Jackentasche, im Gegensatz zu einem dicken Wälzer. Meine Mitschüler sahen das anders. „Wieso sollen wir das lesen?“ „Das interessiert doch niemanden!“ „Wer ist Friedrich Schiller?“ Die Klasse verbündete sich gegen die Lehrer und forderten die Filmversionen der Literatur. „Film ist viel moderner!“, argumentierten sie. Unsere Deutsch-Lehrerin schüttelte verzweifelt den Kopf und ich stimme mental mit ein.

Heute sitze ich in der Bücherei, Abteil Vergleichende Literaturwissenschaft und stelle mir die selbe Frage wie damals mit 13 – wieso werden wir Bücherwürmer für unsere Passion ausgelacht? Wem schadet man denn, wenn man lieber Nietzsche liest, als Völkerball zu spielen? Manchmal denke ich, dass das Ganze lieber dumm und vollständig bleibt. Ich war nicht Teil der Gruppe, weil ich meinen eigenen Interessen nachgegangen bin. Während sich die Gruppe gemeinsam über die Lektüren beschwert haben, habe ich dieselben gelesen. Macht man sich zum Außenseiter, indem man seine Bildung der Gruppe vorzieht? Ich war immer ein Außenseiter, weil ich meine Hobbys verfolgte, auch wenn niemand sonst sie als interessant empfand. Wenn ich etwas machen wollte, was niemand anders machen wollte, tat ich es einfach trotzdem alleine, statt mich der Mehrheit anzuschließen.

Der Konflikt Individuum gegen Gruppe ist über die Grenzen des Lesens und Ballspielens eine Frage der Priorität. Will ich mein eigenes Ding machen und riskieren, den Anschluss zu verlieren und völlig alleine zu sein oder gebe ich meine individuellen Wünsche auf, um in die Sicherheit und Zusammengehörigkeit der Gruppe integriert zu werden? Ich stand damals, wie auch heute auf der Seite der Außenseiter und ich würde nichts daran ändern. Vielleicht könnte ich ja einen Buchclub gründen. Und unsere erste Lektüre wird „Die kleine Möwe Jonathan“.

Die moralische Frage nach dem ersten Stein

Ich gebe es zu. Ich, die industrieprinzessin, 20 Jahre alt, geboren in Stuttgart bewerte Menschen nach dem ersten Eindruck. Das klingt jetzt natürlich nicht nach einem bahnbrechenden Geständnis, aber hier ist die ganze Wahrheit: auch wenn es heißt, dass man ein Buch nicht nach seinem Einband beurteilen soll, so sagt der Einband meist alles, was es zu sagen gibt. Wir Menschen halten uns selbst gerne für mysteriöser als wir es tatäschlich sind, aber es bedarf keinen Psychologen, um tagtägliche Verhaltens- oder Ausdrucksweisen von Menschen auszuwerten.

Ich stand letzt das erste Mal seit langer, langer Zeit wieder in der Schlange bei McDonald’s. Ich gehe selten dort hin, zum einen, weil ich diese Vegetarier-Sache mit voller Kraft anzupacken versuche (ja, wirklich!), die Mitarbeiter, egal wie lang ihre prachtvollen Haare sind, keine Haarnetze tragen und auch, wenn der konstante Gestank aus Fett und Schweiß wirklich, ja wirklich appetitlich ist, so bewahre ich mir lieber meine Gesundheit und schneide nicht weitere 10 Jahre von meiner Lebenszeit ab, indem ich mir einen Big Mac genehmige.

Auf jeden Fall stehe ich da und versuche konzentriert die fettleibige Frau vor mir mit ihrem ebenfalls fettleibigen Kind zu ignorieren. Im Gegensatz zu mir, die ich geplant hatte, mir einen McFlurry zu holen und dann zu Gott zu beten, dass ich darin keine Hühnerknochen finde (na, wisst ihr aus was Chicken McNuggets gemacht werden?), versorgt die Kundin vor mir sich und ihr hechelndes Kind mit genug Kalorien um ein kleines Raumschiff anzutreiben. „Kevin, willst du noch ein Eis dazu?“, brummt Mama Bär. Baby Bär quiekt vergnügt auf und irgendwie fühle ich mich bei all dem Glück fast schlecht, meinen Kopf zu schütteln. Ich tue es aber trotzdem. Wieso?

Weil ich es verantwortungslos finde, einem Kind gute Ernährung aus Faulheit oder Zeitmangel vorzuenthalten. Bis zu einem bestimmten Alter hat ein Kind keine Wahl wenn es um seine Mahlzeiten geht. Ich wurde bis zu meinem 16. Lebensjahr nicht alleine in die Küche gelassen. Das bedeutet, dass ein Kind bis zu diesem Zeitpunkt, komplett der lebensmitteltechnischen Willkür seiner Eltern ausgesetzt ist. Und diese verwenden ihre Macht, wie in dem Fall hier, nicht immer für das Gute.

Die wenigsten Kinder werden, wenn man sie fragt, ob sie ein Eis wollen, nein dazu sagen. Noch weniger Kinder werden sich gegen ein Happy Meal wehren. Man kann von Kindern nicht erwarten, dass sie sich mit Ernährung auseinandersetzen, von ihren Eltern aber schon. Klar ist es nicht schlimm wenn man sich und seinen Kindern dann und wann eine ungesunde Mahlzeit gönnt. Ich stand ja selbst in der Schlange um mir eine Kalorienbombe zu gönnen. Aber wenn ich mir so dieses Kind ansah, höchstens 10, vier Köpfe kleiner als ich aber definitiv schwerer als ich…Ist das noch gute Erziehung? Ist es fair dem Kind gegenüber, seine Ernährungserziehung in die Hände von Menschen zu legen, die fest davon überzeugt sind, dass Ketchup Gemüse ist?

Wie man vielleicht an meinem liebevollen Gezetere erkennen kann, war diese Frau automatisch für mich auf der Shit List. Also schüttelte ich nur meinen Kopf und bedauerte das Kind um seine folgenden Gesundheitsprobleme und potenzielle Diabetes weil Mama sich zu schade ist, daheim Spinat zu machen.

Noch eine gut gemeinte Anekdote aus dem Bereich Aussehen: als arme Studentin kann ich mir natürlich kein Auto leisten, also verbringe ich mindestens 30 Minuten pro Tag in einem Zug. Ich bin kein Fan von Zügen, alleine schon deswegen, weil ich scheinbar die Art von Gesicht habe, die Fremde dazu einlädt, sich neben mich zu setzen, auch wenn der Zug leer ist.
Mir begegnen täglich die verschiedensten Menschen und mich stört theoretisch niemand. Ich erinnere mich noch an eine Zeit, in der vermeintlich coole Kids ihren Gangsterrap laut auf ihren Klapphandys abgespielt haben, aber scheinbar wohne ich in einer Gegend, in der das nicht mehr gängig ist (ein großes „hurrah!“ dafür).

Wenn ich eine Art von Mensch wählen müsste, die mich stört, wären das nicht die Gruftis mit tiefschwarz untermalten Augen oder die Omis, die freudig mit mir reden, während ich doch nur Musik hören will.
Was mir rein ästhetisch stört sind die Jungs mit Hosen, die trotz Gürtel auf kniehöhe hängen, Baseballcaps mit Aufschriften wie „swag“ oder „Chicago Bulls“ tragen (schnelles Quiz für alle die das hier lesen und solche Kappen tragen: wisst ihr, was für einen Sport die Bulls betreiben? Na?) und dann konstant einen Gesichtsausdruck zur Schau tragen, der mich am ehesten an eine offene Thunfischdose erinnert (ein Mundwinkel hoch, ein Mundwinkel runter und die Augen zugekniffen). Wenn dann noch platte Anmachen von diesen Herren kommen oder sie sich lauthals über die „geilen chicks“ unterhalten, die sie letztes Wochenende aufgerissen haben, kann ich wieder nur feste mit den Augen rollen.

Diese Art von Jungs (das Wort „Mann“ will ich gar nicht erst in den Mund nehmen) schreit vor allem eins: winzig kleine Egos, die mit Marken und einem großen Mundwerk aufpoliert werden sollen. Als jemand, der fest daran glaubt, dass Dankbarkeit und Bescheidenheit zwei unandingbar wichtige Säulen eines starken Rückgrads sind, kann ich mit Prolls einfach nichts anfangen; vielmehr widersprechen sie sogar all meinen Idealen. Also reagiere ich auch nur mit einem verächtlichen Schnauben wenn einer dieser Machos mich auf Gras und „’ne Pulle Wodka-Bull, alda!“ zu sich nach Hause einlädt.

Es liegt in der Natur des (westlichen) Menschen, andere zu beurteilen. Vielleicht liegt das zu großen Teilen daran, wie gut es uns geht. Deutschland ist, auch wenn es hier und da seine Probleme hat, ein recht komfortables Land, in dem selbst Niedrigverdiener und Kinder sich iPhones leisten können. Der Kapitalismus lehrt uns vor allem eines – wir sollen uns nicht nur dessen bewusst sein, was wir haben, sondern auch dessen, was andere haben. Es gibt einen Spruch der besagt, man solle nur auf den Teller seines Nachbarn schauen um sicher zu stellen, dass er genug hat. Der Vergleich mit allen Menschen und der Neid auf den wohlmöglich größeren Besitz des Nachbarn zerstört die Dankbarkeit für die Dinge, die man selbst hat. Kein Mensch möchte sich unterlegen fühlen und vergisst dabei, dass ein menschliches Leben nicht auf einen Blick messbar ist.

Seien wir mal ehrlich – wenn wir die Frau an der McDonald’s Kasse oder den machohaften Clown in der S-Bahn beurteilen, dann stellen wir doch eigentlich nur einen Vergleich mit uns selbst an. „Das würde ich nie tun.“, „So würde ich mich nie anziehen“ oder „So würde ich mich nie benehmen“ sind letzen Endes nur Codes für „Ich bin besser/schöner/schlauer als du“. Selbstbewusstsein und Dankbarkeit meiden den Vergleich. Man kann auch mit anderen Dingen schöner seine Zeit verschwenden.

Geschichten vom Erwachsen werden (Teil 1 von ?)

Seit ich ein Kind bin, habe ich vom Erwachsensein geträumt. Ich schätze, ich unterscheide mich in diesem Punkt nicht von anderen Kindern.
Wenn man jung ist, wirkt alles irgendwie ein wenig dramatischer und so kann man nicht umher, bei den kleinsten Schwierigkeiten nach einem Fluchtweg zu suchen. Für ein Kind ist die einzig wahre Zuflucht seine Fantasie. Ich habe Jahre lang nur in meinem eigenen Kopf gelebt und ich bin mir recht sicher, dass ich es auch heute noch zu großen Teilen tue. Wer sagt denn, dass ein Leben nur wertvoll ist, wenn es real ist?

Irgendwann kam der Tag der Volljährigkeit. Um ehrlich zu sein, hätte ich niemals gedacht, dass es tatsächlich mal so weit sein würde. Man reißt die Kalenderblätter ab und streicht Wochentage durch und plötzlich…ist eigentlich nichts wirklich anders.
Ich habe damals in meinen 18. Geburtstag hineingefeiert. Das war nicht wirklich meine Entscheidung; meine Mutter wollte an meinem „richtigen“ Geburtstag zuhause eine Feier veranstalten, während ich viel lieber nur mit Freunden einen trinken gehen wollte. Meine Mutter bekam ihren Willen und so leutete ich am 06. Januar 2012 um 23:59 Uhr das Ende meiner Minderjährigkeit ein.

Ein Teil von mir hat erwartet, dass ich mich irgendwie anders fühlen würde, dabei hat sich aber eigentlich nichts verändert. Vor einem Tag bin ich noch 17 Jahre alt gewesen und nun war ich vor dem Gesetz eine vollwertige Erwachsene. Was bedeutete das für mich und mein Leben? Dass ich ab jetzt alleine Auto fahren durfte? Dass ich mir meinen eigenen Wodka im Kaufland kaufen konnte?

Ich erinnere mich noch daran, dass ich Monate nach meinem 18. Geburtstag Fremden erzählte, ich sei 17. Einfach, weil sich für mich nichts verändert hatte. Ich bin einfach so, vom einen Tag auf den nächsten, Erwachsen geworden.

Der wahre Punkt, an dem ich realisierte, dass ich kein Teenager mehr war, kam, als ich meine Sachen packte und 80 km entfernt von dem Dörfchen, in dem ich gezwungenermaßen aufgewachsen war, wegzog.
Ich bin am Abend zuvor noch mit Freunden weggegangen. Eine „Abschiedsrunde“ hatte ich es genannt.

Die Wahrheit ist, dass mir erst klar wurde, dass ich umzog, als wir am nächsten Morgen mit dem vollgepackten Van losfuhren. Ich weinte wie ein Schlosshund. Ich war nicht bereit, plötzlich weg zu sein. Für mich war das eine völlig neu Information. Warum hatte mir niemand Bescheid gesagt, dass man tatsächlich fort war, wenn man umziehen musste?
Ich heulte immer noch, als wir 1 Stunde später in meiner neuen Heimat ankamen. Genau so heulte ich, als meine Mutter mich am frühen Abend verließ und in mein früheres Zuhause zurückfuhr. Wahrscheinlich habe ich auch noch später geheult, aber man kann nur so lange weinen, bis man komplett dehydriert einschläft.

Ich war nie ein sonderlich heimatgebundener Mensch. Mein Zuhause war, auch nachdem ich von meinen Eltern auf’s Land entführt wurde, Stuttgart. Ich habe mich nie mit Weiden und Kühen identifizieren können. Ich wollte reisen, die Welt sehen und erst ein richtiges Zuhause finden, wenn ich all das gesehen habe, was ich mir sehnlichst wünschte. Trotzdem beschlich mich am Tag meines Umzuges eine plötzliche Panik. So sehr ich die Ferne suchte, ich fürchtete mich nach wie vor vor der Fremde. Ich bin kein Mensch, der sich schnell an die Fremde gewöhnt. Mich plagten die typischen Fragen eines einsamen, jungen Mädchens in der großen Stadt: werde ich Anschluss finden? Werde ich mich ohne meine Familie zurecht finden? Macht mich dieser Wandel glücklich?

Während all das passierte, fielen die Kalenderblätter. Die 18 wurde zu einer 19 und die 19 schließlich zu einer 20. In wenigen Monaten werde ich 21. Ich fühle mich immer noch nicht wie eine Erwachsene. Aber ich habe zumindest keine Angst mehr davor, es irgendwann zu werden.

Die große 11

Nach meinem Umzug, der Reise nach London und meinem Studienstart melde ich mich endlich aus der Dunkelheit zurück – und zwar mit einer Herausforderung! Die liebe seafoaminmyvains hat mich getaggt, ihre 11 Fragen zu beantworten. Am Ende stelle ich dann 11 eigene Frage und tagge 11 Blogger, diese zu beantworten. Was ihr noch nicht über mich wusstest: ich liebe, liebe, lieeeebe Fragebögen, also stürze ich mich gleich mal rein.

1) Welches Buch hat dein Leben verändert? (Wenn es keins gibt,  dann welcher Film/Song/Zitat etc.)

Da gibt es ziemlich viel! Auf positive Art und Weise hat mich „Stolz und Vorurteil“ von Jane Austen verändert. Ich habe schon immer gerne gelesen, aber das war das erste Buch, das ich einfach immer wieder gelesen und geliebt habe. Danach habe ich mir viele andere große Werke der Literatur zu Gemüte geführt und heute studiere ich sogar Literaturwissenschaften! Meine Liebe für Jane Austen ist unendlich.

2) Bist du öfter zufrieden oder unzufrieden?

Ich versuche, immer optimistisch und dankbar zu sein, also bin ich eher öfter zufrieden.

3) Hast du eine Sammelleidenschaft? Wenn ja, welche?

Ich habe sogar mehrere 😀 Schuhe, Ballkleider, Bücher und Comics! Meine Leidenschaften kosten mich ein Vermögen.

4) Isst du bestimmte Lebensmittel nicht? Wenn ja, warum?

Ich versuche seit ein paar Monaten vom Flexitarier zum Vegetarier und dann zum Heim-Veganer (also in Restaurants vegetarisch, zuhause vegan) umzusteigen, also zähle ich Fleisch zu der Liste. Ich bin außerdem laktoseintolerant, also trinke ich keine Milch.
5) Was möchtest du in den nächsten 10 Jahren erreichen?

Ich bin ein Karrieremensch, also möchte ich in den nächsten 10 Jahren den richtigen Job oder zumindest das richtige Berufsprofil für mich finden. Ich möchte meinen Master mit guten Noten beenden. Ich möchte meinen großen Reisewunsch, ein Asienrundreise (Thailand, Südkorea, Vietnam, China und VR China) zu erfüllen. Zudem, auch wenn es jetzt kitschig klingt, würde ich gerne einen lieben Partner finden, denn auch wenn ich single sein auch gut finde, so ist es doch viel netter, sein Leben mit einem anderen Menschen teilen zu können 🙂

6) Wenn du eine deiner Eigenschaften an alle Menschen geben könntest um die Welt ein wenig besser zu machen, welche wäre das?

Dankbarkeit. Ich denke dass insbesondere Menschen die im Westen leben oft aus den Augen verlieren, wie viel sie besitzen und wie gut es ihnen eigentlich geht. Man muss sich vor Augen führen, wie viel Schmerz andere Menschen, zum Beispiel in Kriegsgebieten, täglich erfahren müssen. Da werden unsere täglichen, meist oberflächlichen Probleme quasi unwichtig.

7) Backpacking oder Pauschalreise?

Beides!  😀 Ich lebe jede Art von Reise, aber wenn ich mich entscheiden müsste, dann Backpacking.

8) Was glaubst du, tut dein Blog für deine Leser?

Noch nicht viel, aber ich werde mich in der Zukunft mehr bemühen (auch um einen schönen Header, haha)

9) Glaubst du an Übernatürliches?

Definitiv! Ich glaube, dass es mehr gibt, als wir sehen können, wir müssen nur dafür offen sein.

10) Wie verbringst du deine Zeit allein?

Seit meinem Studienanfang habe ich quasi keine Zeit mehr für mich alleine, aber wenn ich es doch schaffe, dann bade ich, gucke meine Lieblingsserien (Parks and Recreation, Scrubs, 30 Rock…) und spiele Videospiele.

11) Was ist dein absolutes Lieblingsgericht und wie bereitet man es zu?

Ich liebe Essen, also ist das eine ziemlich fiese Frage 😀 Ich beschränke mich mal auf das, was ich machen kann: Tofu Burger! Sie sind super einfach zu machen und schmecken fantastisch.

Was man dafür braucht:

– Bratlinge vom Alnatura (am liebsten Curry Bratlinge) – Weizentoastbrot z.B. vom Netto
– 5 Champinions – 1/2 Avocado – 1 Tomate (oder 2 Cherry Tomaten) – 1/2 Zucchini

Wie es geht:

Das hier ist das perfekte Rezept für alle Faulpelze! Die Zucchinis, Champinions und Tomate in dünne Streifen schneiden. Dann die Champinions ohne Öl kurz anbraten (ich schrecke sie gerne ganz am Ende mit etwas Soja Soße ab, man darf aber nicht zu viel nehmen, weil sie sich sonst mit der Flüssigkeit vollsaugen und eklig werden). Danach muss die Zucchini mit wenig Öl angebraten werden (nicht zu lange, sie soll nicht braun werden!) Zuletzt muss auch der Bratling mit viel Öl in die Pfanne (goldbraun angebraten reicht). Dann muss man den Burger nur noch zusammensetzen! Von unten nach oben: die halbe Avocado zermantschen und das untere Brot dick damit bestreichen, dann Tomaten auflegen. Über die Tomaten kommt der Bratling, darüber dann die Zucchini und Champinions und ganz oben der Ruccola. Oberes Brot drauf – Fertig!

Nach diesem Spaß kommen jetzt meine 11 Fragen!

1) Was bereust du als Kind nicht gemacht zu haben?
2) Welchen Sport magst du am liebsten? (sowohl zum selbst machen als auch zum ansehen)
3) Was machst du mit Fotos? (kommen sie in Fotoalben oder bleiben sie auf deinem PC?)
4) Was war dein Lieblingssong in der 1. Klasse?
5) Was war dein bisher absurdester Berufswunsch?
6) Wer war dein bisher gemeinster Chef?
7) Welchen historischen Moment hättest du gerne miterlebt?
8) Welcher Film bringt dich immer zum Weinen?
9) Welcher Seriencharakter erinnert dich an deine beste Freundin?
10) Wie sieht deine Wohnsituation aus?
11) Wer ist dein liebster YouTuber?

Ich nominiere~

Warum wollen Kinder so schnell erwachsen werden?

Ich glaube, ich war schon immer etwas seltsam.

Ich habe meine düsteren Metal-Shirts getragen, wurde aber dennoch immer „Sonnenschein“ genannt. Mein Zimmer war ein zusammengewürfeltes Chaos aus Barbies und Videospielen. Ich verziehe heute noch das Gesicht, wenn sich andere Leute in meiner Nähe küssen.

Ich glaube, ich bin nie wirklich aus meiner Kindheit heraus gewachsen. Ich liebe immer noch bunte, lustige Dinge. Ich trage am liebsten rüschige Kleider, deren Rock fliegt, wenn ich mich drehe. Ich teile mein Bett mit einem Shadow the Hedgehog-, einem Gaara- und einem Winnie Pooh-Plüschtier. Ich trage meinen Nintendo 2DS überall mit mir herum. Meine Weihnachtswunschliste besteht aus Büchern. Comics, Spielfiguren und Videospielen. Und wisst ihr was? Ich liebe mich selbst dafür. Ich habe nie verstanden, warum manche Kinder unbedingt und sofort erwachsen werden wollen. Ich schätze hier, wie in fast allen anderen Fällen, gilt – man will das, was man nicht haben kann.

Das Fernsehen lässt das Leben von Erwachsenen so glamourös aussehen – tolle Wohnungen, interessante Jobs, viele Freunde und heiße Beziehungen. Man nehme „How I met your mother“ – Ted wohnt in einer der interessantesten Städten der Welt mit seinem besten Freund zusammen. Er wechselt die Freundinnen wie andere Leute die Socken, während sein bester Freund die perfekte Frau schon mit 18 gefunden hat. 90% der Serie geschieht bei einem Krug Bier in einer Bar. Klingt das nicht fantastisch? Klar geht es auch um Herzschmerz und Zukunftsängste aber wenn man sich das große Ganze mal ansieht – hey, alles in allem ist das doch gar nicht so schlecht, oder?

Was Serien wie diese allerdings auslassen, ist der Prozess, der die Charaktere zu „echten Erwachsenen“ macht. Die Serie beginnt mit allen Charakteren am Ende ihrer Zwanziger, also sind ihre Jahre der Verwirrung größtenteils vorbei. Dabei ist ein Grundsatz der Jugend das „coming of age“, das erwachsen werden. Bereits erwachsen zu sein und von dort aus weiterzugehen ist nichts besonderes und auch nichts schmerzvolles, sondern der Weg dort hin. Jugend bedeutet jahrelanges, verwirrtes Umherwandern, das Suchen nach einem Selbst, die Angst vor der Ungewissheit. Ted hat auch Angst vor der Zukunft – aber diese Angst hängt in 90% aller Fälle damit zusammen, dass er Torschlusspanik hat. Als wäre es etwas schlimmes, mit 30 noch nicht verheiratet zu sein. Vielleicht findet dort das recht junge Publikum der Serie einen Überscheidungspunkt mit ihrer Realität: Die Angst, vor dem alt werden; die Angst, etwas zu verpassen.

Ich verstehe die Angst, etwas zu verpassen sehr gut. Schauen wir uns doch mal die Serien an, die wir alle so lieben. Ein wichtiger, oft auch der wichtigste, Grundpfeiler dieser Geschichten ist Freundschaft. Die Serie zeigt, wie Charaktere für einander da sind, zueinander halten und alles zusammen unternehmen. Man nehme „Gossip Girl“(eine Serie, in der wirklich jeder einzelne Charakter hassenswert ist). Egal was für furchtbare Dinge sich die Charaktere gegenseitig antun, sie halten dennoch immer zusammen und sind für einander da. Ist das nicht schön? Leider nicht für die armen, einsamen Tropfen (wie mich), die sich diese Serien nachts um 3 alleine anschauen.

Wie viel wert hat unsere Jugend, wenn wir keine Freunde haben, die sie mit uns teilen? Nicht jeder ist mit einem großen Freundeskreis oder einem allgemein schönen sozialen Umfeld gesegnet. Ich habe zum Beispiel bis ich 16 war keine richtigen Freunde gefunden. Die meisten Leute fanden mich und meine Hobbies (Videospiele, Comics, Filme und Musik) einfach suspekt und wollten dementsprechend nichts mit mir zu tun haben. Ich erinnere mich daran, wie ich noch jung war und mir immer ausgemalt habe, wie es wohl wäre einen großen, liebevollen Freundeskreis zu haben wie meine Lieblingscharaktere im TV zu haben.

Und was ist mit den Beziehungen? Wir Mädchen werden sowieso von Kindesbeinen an dazu konditioniert, den Traumpinzen finden und heiraten zu wollen; ich bin da keine Ausnahme. Wir haben einfach viel zu hohe Ansprüche an Liebe und Beziehungen und die meisten Serien helfen diesem Standard nicht. Ich mochte persönlich Staffel 8 von „How I met your mother“ gerne, weil zum ersten Mal in der Serie gezeigt wurde, wie hässlich sich verletzte Gefühle äußern. Mit meinen 20 Jahren hatte ich schon die eine oder andere miese Erfahrung mit Beziehungen und verstehe, wie sehr Gefühle außer Kontrolle geraten können, wenn sie verletzt wurden. Die Grenze zwischen Liebe und Hass ist so dünn, dass man oftmals gar nicht bemerkt, dass man sie bereits überschritten hat.

Geben Serien und Filme Kindern eine falsche Vorstellung vom erwachsen sein? Ich denke schon. Fiktion ist selten in der Realität geebnet, es muss immer etwas größer und dramatischer sein, um Aufmerksamkeit zu erregen. Ich sage nicht, dass schöne, romantische und traumhafte Dinge nicht auch im realen Leben passieren können (ich habe zum Beispiel Freunde in meinem Alter, die fast einem Jahrzehnt zusammen und immer noch unsterblich ineinander verliebt sind), nur leider werden hohe Erwartungen quasi immer enttäuscht. So blöd es klingt, je kleiner die Erwartungen sind, desto glücklicher wird man sein.

Ja, das Leben als Erwachsener bedeutet Freiheit, Selbstbestimmung und viele spannende Erfahrungen. Zugleich bedeutet es aber auch Verantwortung für sich und andere, ernsthafte Probleme (Geld, Beziehung, Familie) und Stress. Ich persönlich würde mein Leben als Erwachsene nicht missen wollen, aber ich pflege nach wie vor meine kindliche Seele. Es gibt keinen Grund, sofort erwachsen sein zu wollen. Wachsen ist ein Prozess. Und auch ich bin noch nicht am Ziel.

Das Leben ist kein Sprint, es ist ein Marathon, man muss sich also nicht beeilen.

Wie viel Talent braucht man, um seine Träume wahr werden zu lassen?

Solange ich denken kann, wollte ich immer nur drei Dinge tun – zeichnen, Musik machen und schreiben. Ich schätze ich, so wie jedes Kind das mit MTV aufgewachsen ist (damals, als das ‚M‘ noch für Musik stand und nicht für Mist), wollte eine Sängerin werden seit ich laufen konnte. Meine Großeltern erzählen mir oft davon, wie ich mich als Kleinkind zu Straßenmusikern in die Fußßgängerzonen Stuttgarts gestellt und mitgesungen habe. Ugh. Das klingt jetzt vielleicht süß, aber würde mir heute so ein Kind unterkommen, würde ich warten, bis die Eltern sich umdrehen und den süßen Fratz dann mit einer Gitarre erschlagen (habe ich schon erwähnt, dass ich keine Kinder mag?). Der Grund dafür ist einfach – ich habe die Menschen, die ich im Fernsehen gesehen habe, imitiert; vor allem Britney Spears. Für mich sah das Leben als Popstar magisch aus mit all seinem Glanz, Glitzer und der Aufmerksamkeit.

Mit 16 begann ich, Gesangsunterricht zu nehmen. Ich habe meine Mutter seit meinem 9. Lebensjahr mit diesem Wunsch gequält, aber sie hat mich immer wieder mit der Begründung „ich müsse warten bis meine Stimme voll gereift ist, um sie zu trainieren“ hingehalten. Heute bin ich mir ziemlich sicher dass meine Mutter mich angelogen hat und mich einfach nur nicht zum Gesangsunterricht schicken wollte, aber das ist eine ganz andere Geschichte. Ich fing also mit 16 an und war von Anfang an Feuer und Flamme – das kleine Problem: ich bin der unmusikalischste Mensch aller Zeiten. Nee, ernsthaft. Bis heute, fast ein halbes Jahrzehnt später (oder 4 Jahre später, das klingt aber nicht so cool) kann ich immer noch keine Noten lesen. Ich habe keine Ahnung was ein Dreiklang ist und bin mir nicht sicher ob es sich bei dem Begriff „adagio“ nicht um ein richtig leckeres Minzeis handelt. Trotzdem schaffte ich es, mich zwei Jahre lang durch den Unterricht zu flunkern ohne dass meine Lehrerin je realisierte, dass ich die Notenblätter, die sie mir immer gab, gar nicht lesen konnte und nur nach dem Klang des Klaviers sang.

Da liegt nämlich mein großes Talent – ich habe ein unerschütterliches Gehör. Ich kann mir Melodien und Texte, die ich vor 10 Jahren gehört habe problemlos einprägen und jederzeit fehlerfrei wiedergeben. Also hörte ich einfach auf die Melodie und beschummelte so eine jahrzehntelang trainierte Musiklehrerin. Das einzige, was ich heute bereue ist dass ich nicht länger damit weitermachen konnte. In meinem Abiturjahrgang musste ich leider aufhören und habe seitdem nie wieder gesungen (außer vielleicht ab und zu unter der Dusche oder in Bars wenn mir jemand Zimt Tequila andreht).

Ich erinnere mich daran, wie ich einen ganzen Sommer lang jede Nacht aufblieb, um meine Geschichten zu schreiben. Ich war vielleicht 8 oder 11 Jahre alt und, wie man sich vielleicht vorstellen kann, nicht das beliebteste Mädchen auf dem Schulhof. Der Fakt, dass meine Mutter mich anzog wie einen Cupcake hatte gereicht, um Menschen in die Flucht zu schlagen, doch gepaart mit meinem teils scheuen, teils psychotischen Charakter war ich eine Macht, die nur mit einem Level 4 Hurricane vergleichbar war. Ich fegte den Schulhof leer wenn ich in meinen Rüschenkleidern und dem Gameboy in der Hand dahergeschlendert kam. Ironisch, dass meine Mutter Katarina heißt und nicht ich.

Dementsprechend gestalteten sich meine Ferien so: aufstehen, frühstücken, Animes gucken, lesen, Mittagessen, Videospiele spielen, abendessen, schlafen gehen. Ich war immer ein fantasievolles Kind und da ich früh realisierte, dass ich wohl keine Künstlerin werden würde (mehrere Schubladen voll von Skizzen, die genau so gut von Gefängnisinsassen hätten sein können sind Beweis genug), brauchte ich einen anderen Weg, um meinen Kopf frei zu kriegen. Ich setzte mich also pünktlich um 20 Uhr jeden Abend an meinen Schreibtisch, bewaffnet mit einem DinA5 Block, einem Bleistift (meine Eltern gaben mir keine Stifte mit Tinte mehr weil ich alles damit einsaute) und einer Thermoskanne voller Zitronentee (im Juli). Manchmal schrieb ich die ganze Nacht, manchmal aber auch nur 3 Stunden. Manchmal saß ich auch nur da und träumte vor mich hin. Ich weiß, dass quasi alles, was ich damals schrieb aus heutiger Sicht Mist war. Aber ich erinnere mich an kaum einen glücklicheren Moment aus meiner Kindheit.

Als ich ungefähr 5 Jahre alt war, begann ich, „Sailor Moon“ zu schauen. Für alle die, die als Kinder keine Fernseher hatten (das ist für mich die einzige Entschuldigung, diese Serie verpasst zu haben), hier der Plot in Kurzform: Bunny, ein trotteliges, typisches, blondes und weißes japanisches Mädchen erhält die Macht des Mondes und wird so zur Superheldin Sailor Moon…und irgendwo war da noch was anderes. Irgendwas mit Katzen, Mondprinzessinnen und adrett gekleideten Männern mit weißen Masken, die absolut gar nichts vom Gesicht bedecken. Ich habe diese Serie geliebt und sie mit meiner Oma geschaut, wenn sie vom putzen und bügeln zu erschöpft war, um umzuschalten. Ungefähr ein Jahr später, ich bin mir ziemlich sicher es war September, gesellte sich eine neue Serie dazu: nämlich Pokemon. Kurze Zeit später kam Digimon dazu. Und so weiter und so fort, heute könnte ich meine liebsten Animes nicht an 20 Tentakeln abzählen.

Auf jeden Fall war ich von Anfang an komplett in den Stil, die Musik und die bunten Farben der Serien verliebt. Ich versuchte sofort, all das, was ich sah, nachzuzeichnen. Als 5-6-jährige ist man ja irgendwie auf fast alles stolz, was man macht, auch wenn es Mist ist. Meine Oma schaute mir über die Schulter, betrachtete die krackeligen Linien und schiefen Augen und machte einen letzten erfolglosen Versuch, auf Kika umzuschalten.

Was ich damit sagen will ist – Träume heißen nicht umsonst so. Heute bin ich 20 Jahre alt und – Überraschung, weder eine Mangaka noch eine Sängerin. Auch wenn ich sogar beruflich schreibe, erwarte ich nicht, jemals Thomas Mann Konkurrenz zu machen. Das traurige an großen Kindheitsträumen ist, dass sie quasi nie in Erfüllung gehen. Ich glaube jedoch, dass das nicht so schlimm ist. Es ist nie wirklich zu spät, um einen Traum zu verwirklichen und Talent ist oftmals zweitrangig neben Eigenschaften wie Leidenschaft, Beharrlichkeit und Durchhaltevermögen.

Britney Spears war damals mein großes Idol, ich wollte eine Sängerin werden, genau wie sie…nur um Jahre später festzustellen, dass Britney Spears nicht mal richtig singen kann. Trotzdem ist sie noch heute einer der berühmtesten und beliebtesten Popstars aller Zeiten. Ich schätze es geht immer um Perspektive. Es gibt genug Menschen, die talentiertere Musiker sind als Brit, aber sie werden niemals so groß werden wie die ewige Princess of Pop. Und wieso? Weil sie etwas hat, was andere nicht haben – den Willen, auch ohne Talent groß zu werden. Ich bewundere sie auf eine seltsame Art und Weise. Sie gibt talentfreien Menschen wie mir die Hoffnung, einmal unsere Träume zu erfüllen. Und wenn ich schon kein Talent habe, dann will ich doch wenigstens etwas Hoffnung.

Wie viel bedeuten Worte?

Worte haben Macht. Viele Menschen begreifen nicht, wie groß diese Macht ist, wie zerstörerisch diese sein kann. Ob es nun um Streit zwischen Freunden, Familie oder Partner geht oder um Mobbing in der Schule oder am Arbeitsplatz – bösartige Worte können schnell Bande auseinanderreißen oder das Selbstbewusstsein einer Person zerstören. Nicht umsonst wird verbale Gewalt im Gesetz geahndet. Wenn es also wirklich so ist, wenn Worte die Fähigkeit haben, zu brechen, wieso benutzen viele von uns dann noch Worte, von denen wir wissen, dass sie verletzend und diskriminierend sind?

Speziell geht es mir um die zwei Begriffe schwul und behindert. Bei beiden Worten handelt es sich um tatsächliche, beschreibende Begriffe, die für Menschen, und nur für Menschen, benutzt werden sollten. Wir alle wissen aber, das es so nicht ist. Diese Begriffe haben sowohl sozial als auch im tagtäglichen Sprachgebrauch eine extrem negative Konnotation. Das Wetter ist nicht schlecht, sondern das Wetter ist behindert, der schwierig zu öffnende Verschluss einer CD ist nicht schwierig, sondern der Verschluss ist schwul.

Diese Begriffe werden aber nicht nur gegenüber Gegenständen und Situationen benutzt, um sich über sie zu beklagen, sondern des öfteren auch gegen Menschen. „Tim, du bist so eine Schwuchtel!“, sagt sein Kumpel aus Spaß nachdem er im Fußball besiegt wurde. „Kai, du bist ein totaler Spast.“, sagt einer zu seinem schusseligen Klassenkameraden nachdem er etwas fallen gelassen hat. Es ist gar nicht kompliziert herauszufinden wieso man diese Worte diffamierend benutzt: political correctness findet seinen Ursprung zwar nicht im 21. Jahrhundert, aber unkorrektes Verhalten wurde noch vor nicht mal allzu langer Zeit kaum oder gar nicht geahndet. Der Begriff „schwul“ hatte aufgrund der Feindlichkeit gegenüber Homosexualität eine offensichtlich negative Bedeutung und etwas als „behindert“ zu betiteln, bedeutete eigentlich nichts weiter als etwas zu kritisieren, was man selbst als defekt empfindet.

Doch nun sind wir, zum Glück, in einem Zeitalter angekommen, in dem Menschen beginnen etwas mehr über das, was sie sagen, zu reflektieren. Sollten wir wirklich Begriffe wie diese, die reale Menschen in unserem Umfeld beschreiben, als Beschimpfungen nutzen? Ich glaube die wenigsten Leute meinen es tatsächlich böse, wenn sie etwas als „behindert“ bezeichnen. Aber wie bereits etabliert – Worte haben Macht. Sollte also nicht genauer darauf geachtet werden, was man sagt da all dies einen Effekt auf unsere Mitmenschen und die Sprachkultur haben könnte?

Für mich ist es das selbe wenn jemand den Vergleich „wie ein Mädchen“ beleidigend gegenüber einem Jungen oder Mann verwendet. „Benimm dich nicht wie ein Mädchen.“ Dieser Satz bedeutet kurz und knapp analysiert: Komm schon, Alter, lass dich doch nicht auf das subhumane Level einer Frau herab, pfui.

Das klingt zwar etwas überspitzt und ich sehe schon die selbst ernannten men’s rights Aktivisten in der Ferne rauchen und schreien, aber darum geht es doch eigentlich bei der Analyse von diffamierenden Begriffen – ihren Zusammenhang mit sozialer Diskrimination aufzudecken. Ich bin selbst eine Frau, dementsprechend finde ich es extrem ärgerlich, wenn jemand „…wie ein Mädchen.“ benutzt, insbesondere in Situationen, die absolut nichts mit Geschlecht zu tun haben. Was, kickt man einen Ball mit seinen Genitalien oder wieso sollen Frauen schlechter in Fußball sein? Ich hatte einen Freund, der immer extrem aggressiv geworden ist, wenn jemand das Wort „Spasti“ benutzt hat. Er hat eine behinderte Tante, die Spastikerin ist. Also kann man hier, wie in so vielen Fällen, sagen: es tut am allermeisten weh wenn es einen selbst betrifft.

Ich wette, wenn man in einem Vakuum diffamierende Begriffe wie diese benutzen würde, in dem man sicher ist, dass niemand, auf den der Begriff zutrifft, dabei ist, hätte niemand ein Problem damit, diese zu benutzen. Letzten Endes geht es doch um die eine große menschliche Regel: sei kein Arsch. Klar, es kann immer passieren, dass man jemanden aus versehen mit Worten verletzt, manchmal ist es gar keine Absicht. Aber grundsätzlich bösartige Begriffe zu benutzen um andere Menschen zu ärgern ist einfach nur gemein. Das klingt jetzt natürlich etwas nach after school special, aber auch, wenn dieses Prinzip eigentlich ganz einfach ist, viele Menschen scheinen es noch nicht zu begreifen. Das geht auf meinen „Irgendwie ist das Internet gemein“-Post zurück: manchmal trifft man auf Leute, denen es schlichtweg egal ist, wen sie verletzen.

Aber für uns Menschen mit einer Seele ist der tägliche Kampf um und mit political correctness wichtig. Ich möchte damit nicht sagen, dass ich grundsätzlich pc bin, ganz im Gegenteil. Obwohl ich mich persönlich extrem für die Rechte von Homosexuellen ausspreche, nichts gegen Behinderte habe (offensichtlich) und selbst eine Frau bin, so merke ich ab und zu, wie sich blöde Sprüche a la „Das ist doch behindert.“ in meinen Sprachgebrauch einschleichen.

Viele von uns, wenn nicht sogar die meisten, haben nicht wirklich etwas gegen das, was wir diffamierend benutzen, es ist nur derart intuitiv in unserem Vokabular eingebettet, dass es einfach ab und zu raus rutscht, ohne dass man etwas Böses damit sagen will. Grundsätzlich ist das ja nicht schlimm, man ist kein Unmensch wenn man ab und an einen Begriff wie diesen benutzt. Das entscheidende ist allerdings: kein Mensch lebt in einem Vakuum, das was er sagt und tut gerät in die Außenwelt und beeinflusst diese.

Man könnte es so vergleichen: man sieht eine Gewalttat in der S-Bahn und tut nichts dagegen. Das macht einen theoretisch mitschuldig, man zeigt dem Täter, es ist ok, da man es nicht aufhält und dadurch signalisiert, dass die Gewalttat etwas verbotenes ist. Will man also lieber weitermachen mit diesen Beleidigungen oder der Arsch sein, der anderen sagt, was sie sagen dürfen und was nicht? Ich finde man muss keins von beidem sein. Wenn man etwas für falsch hält, sollte man es nicht tun, um zu einer Gruppe zu gehören, so ganz allgemein. Das bedeutet aber nicht, dass man andere belehren darf. Man ist ausschließlich für sich selbst verantwortlich. Es reicht also, wenn man selbst auf seine Wortwahl achtet. Versucht nicht die Welt zu ändern, versucht euch selbst zu ändern.

Wie Ghandi schon so schön sagte: „Be the change you want to see in the world.“