600 Leben – gemeinsam Suizid verhindern

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Es gibt nur wenige Themen, die gleichzeitig so ernst und so Tabu sind wie Suizid.

Jährlich begehen 600 junge Menschen unter 25 Selbstmord.

In allen Altersgruppen sind es sogar 10.000. Das bedeutet, dass Suizid und Depressionen jährlich mehr Leben kosten als der HIV/AIDS-Virus, Verkehrsunfälle und Drogen zusammen. Das sind die Zahlen, die uns vorgelegt werden. Ziffern, mit denen wir eigentlich nichts anfangen können. Was bedeutet es genau, dass sich jährlich 600 junge Menschen das Leben nehmen?

Weltweit leiden schätzungsweise 121 Millionen Menschen an Depressionen. Es ist schwierig sich unter abstrakten Zahlen wie diesen etwas genaueres vorzustellen, also versuche ich es in Relation zu setzen: Weltweit leiden genug Menschen an Depressionen um Deutschland ca. 1,5 Mal zu bevölkern. Es leiden weltweit drei Mal so viele Menschen an Depressionen wie im Bundesstaat Kalifornien leben.

Diese Zahl, 121 Millionen, ist kaum vom menschlichen Geist erfassbar.

So viele Menschen leiden tagein, tagaus an einer Krankheit, für die es weder eine bewährte Heilung noch Toleranz gibt. Denn auch heute, mit all der Forschung und den Statistiken ist Depression immer noch das Stiefkind unter den Krankheiten.

Du bist nur etwas traurig.“, „Das ist die Pubertät.“, „Es liegt an deiner Einstellung.“, „Übertreib mal nicht.“ Das sind einige der Dinge, die vielen Betroffenen an den Kopf geworfen werden, wenn sie um Hilfe bitten oder ihre Schmerzen mit anderen Menschen zu teilen versuchen.

Jungen Menschen wird immer noch eingeredet, dass es unmöglich sei, dass sie an bestimmten Krankheitsbildern leiden. Selbst bei physischen Krankheiten wie zum Beispiel Rückenschmerzen, Migräne oder Asthma wird ihnen eingeredet, dass ihre Probleme ausschließlich psychosomatisch seien. Sie wollen nicht in die Schule, sie sind faul, sie wollen sich nicht anstrengen.

Das ist nur ein Beispiel von Vielen wie Erwachsene auf Kinder und Jugendliche hinab sehen. Ihre Leiden werden selten ernst genommen, alle Probleme werden auf die Pubertät geschoben. Und auch wenn Depressionen oft hormonell bedingt sein können, so ist das nicht der einzige Grund.

Kinder und Jugendliche werden im Alltag einem enormen Druck ausgesetzt. Der Druck, leistungsstark in der Schule zu sein, der Druck, sozial beliebt zu sein, der Druck, eine gute Tochter bzw. ein guter Sohn zu sein und der Druck gut, groß und besonders zu sein – dies sind nur einige Beispiele für den Stress, dem junge Menschen von Außen ausgesetzt sind. Ihnen werden früh Erwartungen aufgebürdet, denen sie mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht gerecht werden können. Menschen sind nicht perfekt, dennoch werden sie immer wieder dazu gedrängt, es zu sein.

Dazu kommen negative Einflüsse wie zum Beispiel eine zerrüttete Familie oder Mobbing in der Schule. All diese Faktoren können schnell das Selbstbewusstsein und das Selbstwertgefühl eines jungen Menschen zerstören. Man darf von jungen Menschen nicht erwarten, dass sie jeglichen Schwierigkeiten standhalten können und genau so gefestigt sind wie Erwachsene. Jeder Mensch geht mit seinen Problemen individuell um und viele von ihnen schaffen es nicht, sie zu verarbeiten.

Das große Problem an Depressionen und sonstigen psychischen Krankheiten ist, dass man sie nicht sehen kann. Wenn man sich etwas bricht, kann man ein Röntgenbild anfertigen lassen und schon sieht man, wo das Problem liegt. Bei psychischen Krankheiten muss man sich darauf verlassen, dass ein Facharzt den Patienten richtig diagnostiziert. Es gibt keine Maschine um in den Kopf eines Menschen zu sehen und so gibt es Menschen, selbst Ärzte, die darauf bestehen, dass die Krankheit nicht existiert bzw. dass der Patient nicht davon betroffen ist. Die Zahl an Suiziden spricht allerdings eine andere Sprache. Niemand bringt sich um weil er ein bisschen traurig oder ein bisschen gestresst ist. Die Entscheidung, sein Leben zu beenden, steht auf einem Fundament jahrelanger Schmerzen.

Es gibt kein Heilmittel für Depressionen. Aber es gibt die Chance, Betroffenen zu helfen. Der erste Schritt ist, Betroffene zu bemerken und ihnen Hilfe anzubieten. Im zweiten Schritt sollte man der betroffenen Person eine psychologische Beratung ans Herzen legen. Das Gespräch mit einer unqualifizierten Person kann den Betroffenen zwar ein wenig Last von den Schultern nehmen, aber insbesondere im Fall dessen, dass der Betroffene Medikamente benötigt (zum Beispiel Antidepressiva), kann ein Facharzt deutlich gezielter helfen.

Die oberste Regel, in allen Krankheitsfällen, ob sie nun psychisch oder physisch sind – nehmen Sie den Kranken ernst. Seine Schmerzen sind real, auch wenn Sie diese nicht sehen können. Ihm einzureden, er hätte keine Schmerzen obwohl er diese jeden Tag spürt, bürdet ihm eine zusätzliche Last auf, die er nicht tragen kann. Auf jemanden wegen seines Alters hinab zu sehen und zu behaupten, dass Schmerzen egal welcher Art altersabhängig sind, ist schlichtweg falsch; die erschreckende Zahl an Selbstmorden bei jungen Menschen bestätigt das. Ihre Hilfe, Ihre Gutmütigkeit und Ihre Fürsorge kann einem Menschen das Leben retten.

Am 10. September 2014 findet in Berlin am Brandenburger Tor die Großaktion „600 Leben“ statt. Das Prinzip ist einfach – 600 Teilnehmer lassen sich um Punkt 14 Uhr auf den Boden fallen und können nur durch die helfende Hand eines anderen Menschen wieder auf die Beine gebracht werden. Diese Aktion ist symbolisch für die Macht der Empathie, der Fürsorge und der Liebe. Jemand in Ihrem Umfeld könnte am Boden liegen und Ihre Hilfe brauchen, um wieder aufzustehen. Laufen Sie nicht einfach vorbei. Die dazugehörige Website http://www.600leben.de ruft Passanten und Interessenten bundesweit dazu auf, an der Aktion teilzunehmen und sich für das Thema Suizid stark zu machen.

Es ist unser aller Verantwortung, den Betroffenen eine helfende Hand zu reichen. Weitere Informationen über die Aktion „600 Leben“ finden Sie auf der Website http://www.600leben.de.

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